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22. November 2023

Handel ist Wandel, Politik (zu häufig) Stillstand

EXKLUSIVER GASTBEITRAG VON RECHTSANWALT NIKLAS LANGGUTH (SOZIETÄT LANGUTH & BURBULLA, DÜSSELDORF)
Rechtsanwalt Niklas Langguth
Foto: Sozietät Langguth & Burbulla

Die Insolvenz von Galeria Kaufhof war die letzte, folgenschwere Etappe einer Entwicklung, die mit der Hertie-Insolvenz schon vor etlichen Jahren eingesetzt hat und sich noch viel früher angekündigt hatte. Für den Verlust der Warenhäuser, die als Anker oftmals wesentliche Stütze der Innenstädte waren, gibt es bislang keinen vergleichbaren Ersatz. Wohl ist es in den vergangenen Jahren gelungen, die meisten der Hertie-Brachen mit neuen Konzepten aufzufüllen. Schon das hat sich als Herausforderung erwiesen. Umso wichtiger scheint es, in angemessener Zeit erfolgversprchende und möglichst nachhaltige Lösungen zu.

Die Problemstellung

Bei der Galeria Insolvenz kann man auf die Erfahrung aus der Revitalisierung der Hertie-Häuser zurückgreifen. Allein: Warenhäuser sind sehr individuelle Standorte und Objekte mit oft über Jahrzehnte entstandenen kaufmännischen und immobilienrechtlichen Problemstellungen. Entsprechend lassen sich diese Objekte nur in den seltensten Fällen schablonenhaft restrukturieren. Und wo schon das Kaufmännische und das Rechtliche zumeist schwierig ist, kommt ein weiteres hinzu: Es handelt sich in der Regel um stadtteilprägende Standorte, entsprechend hoch und vielfältig sind die kommunalpolitischen Anforderungen an die Stadtentwicklung.

Das Dilemma der Entwickler

Projektentwickler sitzen hier vielfach in der Zwickmühle: Schon ein erster roher Entwurf für die Entwicklung solcher Immobilien ist mit beträchtlichen Investitionen verbunden. Tritt der Entwickler mit solch einem Entwurf dann an die Kommune heran, ist die Gefahr groß, dass der Entwurf missfällt, torpediert oder über mehrere Runden zerredet wird. Andererseits sehen sich die Kommunen, trotz entsprechender Pflichtaufgaben häufig nicht veranlasst, selbsttätig in eine Bauleitplanung einzusteigen. In diesen Fällen besteht die Möglichkeit die Planungsabsichten der Stadt in Erfahrung zu bringen. In dieser Konstellation kann allzu oft nur dann etwas angestoßen werden, wenn ein Investor mit hohem Risiko ein Restrukturierungsszenario entwirft, wohl wissend, dass sein Entwurf wahrscheinlich nicht zum Tragen kommt, und dass wohlmöglich am Ende ein Konkurrent von dem Anstoß profitiert, wenn denn ein Planungsprozess in Gang und nicht selten erst nach Jahren zum Abschluss kommt.

Das Versäumnis vieler Kommunen


Das Problem der Konstellation liegt vielfach in der Trägheit und Untätigkeit der Kommunen. Eine Brache der Größe eines Warenhauses im besten Innenstadtbereich ist ein städteplanerischer GAU, der ein dringendes Planungserfordernis schafft. Die Kommunen sind nicht nur berechtigt, sie sind von Gesetzes wegen verpflichtet, diesem Planungserfordernis nachzukommen (§ 1 Abs. 3 BauGB). Dass diese Verpflichtung nicht klagbar ist, weil ihr von Gesetzes wegen kein Rechtsanspruch Dritter gegenüber steht, verleitet die Kommunen vielfach dazu, die gesetzliche Verpflichtung zu ignorieren.

Die Ausreden sind vielfältig, besonders beliebt und oft gehört: Das können die Kommunen nicht leisten. Man wundert sich: eine Kommune, die sich selbst im engsten Innenstadtbereich nicht zur vorausschauenden Planung imstande sieht, hat ihren städteplanerischen Gestaltungswillen offensichtlich aufgegeben. Erst wenn ein Investor auf den Plan tritt, fangen die meisten Kommunen an, über ihre städteplanerischen Vorstellungen ernsthaft nachzudenken. Dann meist, um erst einmal ausgiebig zu diskutieren und zwischen den Ratsfraktionen so lange zu streiten, bis von dem Investorenentwurf nichts mehr übrig ist. Dann erst beginnt bei der Stadt ein Planungsprozess, kommt aber nicht selten wieder zum Erliegen, wenn der Investor frustriert das Weite sucht. Dann geht das Spiel mit neuem Investor nicht selten von vorne los.

Was die Kommunen dabei übersehen ist, dass die Zeiten sich geändert haben. Als die Hertie Pleite gemeistert werden musste, machte der Plattform-Onlinehandel die ersten Gehversuche. Mittlerweile hat der Onlinehandel dem stationären Handel substantielle Marktanteile abgenommen. Die Innenstadtlage ist schon lange keine Garantie mehr dafür, dass ein Investor die Risiken eingeht, die so ein Standort birgt und geduldig wartet, bis die Kommune zuende diskutiert hat. Zugleich sind die Gewerbesteuern aus dem Innerstädtischen Einzelhandel in der Regel ein bedeutender Anteil aus den städtischen Einnahmen. Wird für die Brache nicht schnell eine Lösung gefunden, droht mit dem Warenhaus auch die verbleibende Einzelhandelsinnenstadt Schaden zu nehmen und schlimmstenfalls zu veröden. Anders als vor 15 Jahren haben die Kommunen also nicht die Zeit abzuwarten, bis irgendwann nach mehreren Versuchen ein Investor mit einer Idee des Wegs kommt, die allen Fraktionen recht ist. Wollen die Kommunen in der gegebenen Situation ihre Innenstadt effektiv gestalten und den innerstädtischen Einzelhandel erhalten, werden die Kommunen planerisch aktiv werden müssen. Und das werden sie selbst tun müssen, gesetzlich verpflichtet sind sie ohnehin.

Fast möchte man den betroffenen Kommunen zurufen: Macht euren Job!


Kennzahlen und Kontaktdaten 

Langguth & Burbulla mit Sitz in Düsseldorf beraten mit zwei Partnern und vier Rechtsanwälten Vermieter, Projektentwickler, Bestandshalter von Immobilien und Mieter in allen Lebenszyklen der Immobilie und in allen Bereichen des Immobilienrechts. 

www.langguth-burbulla.de

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