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23. Februar 2023

Ist der Einzelhandel noch zu retten? Fünf Trends für den Einzelhandel 2023

EXKLUSIVER GASTBEITRAG VON SÖNKE KEWITZ, GESCHÄFTSFÜHRER VON P3 LOGISTIC PARKS DEUTSCHLAND
Sönke Kewitz, Geschäftsführer P3 Logistic Parks Deutschland (Foto: P3)

Nach der Krise ist vor der Krise. Die strikten staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona Pandemie schienen in den letzten Zügen zu sein, da marschierte Russland in die Ukraine ein. Dies führte zu massiven Preissteigerungen bei Treibstoff, Energie und Lebensmitteln. Die finanziellen Auswirkungen des Doppelschlags von Corona und Konflikt waren für die Weltwirtschaft verheerend und kosteten allein die deutsche Wirtschaft bislang 420 Milliarden Euro an verlorener Wertschöpfung. Zeitgleich steigen die Energie- und Lebensmittelkosten weiter um ein Vielfaches, was sowohl Unternehmen als auch Kunden vor enorme Herausforderungen stellt.

 

Während in der Hochphase der Pandemie die Beschäftigung von Knappheit und steigenden Löhnen geprägt war, müssen Unternehmen nun Arbeitsplätze abbauen, um Kosten zu senken und wettbewerbsfähig zu bleiben. Auch der Einzelhandel steht vor enormen Herausforderungen. Technologische Entwicklungen und Veränderungen im Konsumverhalten führen dabei zu Chancen, die sowohl auf Einzelhandels- als auch Kundenseite einen vielversprechenden Wandel in 2023/2024 einleiten könnten. Denn während der unmittelbare Fokus auf dem wirtschaftlichen Überleben liegt, werden viele Einzelhändler diese Gelegenheit nutzen, um ihr Sortiment zu überdenken, ihre Lieferketten zu verfeinern und ihre Aufmerksamkeit neu auszurichten. Im Folgenden werden einige der Trends beschrieben, die wir in den nächsten zwei Jahren erwarten können:

1. Der Onlinehandel wird weiter wachsen

Die Verlagerung zum eCommerce wird sich fortsetzen, wenn auch langsamer als in den Corona-Jahren. Jüngste Prognosen deuten darauf hin, dass der E-Commerce-Markt seinen schnellen und dynamischen Aufstieg fortsetzen wird. Die Penetrationsrate der E-Commerce-Nutzer wird laut Statista 2023 in Deutschland bei 81,1 % liegen und im Jahr 2027 voraussichtlich 83,6 % erreichen. Dabei wird der Umsatz in 2023 etwa 144 Milliarden Euro betragen und jährlich um 8,79 % steigen.

2. Die stationären Geschäfte werden als Fulfillment-Center fungieren.

Das Aufkommen von Omnichannel und die Nachfrage nach einem nahtlosen Multi-Channel-Kundenerlebnis werden die Art und Weise, wie physische Geschäfte genutzt werden, verändern und sie in kombinierte Einzelhandels- und Logistikzentren verwandeln, die sowohl Online- als auch In-Store-Kunden bedienen können. Optionen wie "Online kaufen, in der Filiale abholen" und "Online kaufen, in der Filiale zurückgeben", werden fester Bestandteil des Einzelhandelserlebnisses, um den Kundenerwartungen gerecht zu werden. So zeigt nämlich eine Studie von Sendcloud GmbH, dass zwei Drittel der deutschen Verbraucher ihre Bestellung abbrechen, wenn sie online keine Informationen zu Rückgaben finden. Auch deshalb ist zu erwarten, dass die Verkäufer verstärkt Bestandsverwaltungssoftware nutzen werden. So können sie die Lagerbestände in verschiedenen Filialen mit mobilen Geräten überprüfen und somit eine sofortige Reservierung von Artikeln und eine Lieferung in die Filiale oder nach Hause ermöglichen.

3. Das Einkaufen wird weiter bargeldlos und kassenlos werden

Kontaktlose Zahlungsmittel sind seit Jahren auf dem Vormarsch und haben durch die Pandemie einen zusätzlichen Schub bekommen. Die Kunden schätzen die Bequemlichkeit kontaktloser Zahlungen, die ihnen wertvolle Zeit erspart. Inzwischen werden 60 % aller Zahlungen in Deutschland durch elektronische Zahlungsmethoden abgewickelt. Neben dem kontaktlosen Zahlen wird auch das kassenlose Einkaufen im Einzelhandel zunehmen, da die Einzelhändler versuchen, Kosten zu senken und Wege zu finden, mit erhöhtem Kundenservice rentabel zu bleiben. Die automatisierten Prozesse ermöglichen durch die wegfallenden Zwischenschritte ein reibungsloseres und beschleunigtes Kauferlebnis sowie geringere Kosten durch weniger Personal. Auch das Tracking des Verbrauchers hilft dem Einzelhändler, das Kaufverhalten zu verstehen. Außerdem unterstützt die kontinuierliche Verfolgung jedes Artikels dabei, Verluste durch Ladendiebstahl zu verringern. Kassenlose Läden vereinen also die Annehmlichkeiten (und die algorithmische Verhaltensverfolgung) des Online-Shoppings mit dem Gemeinschaftserlebnis des persönlichen Einkaufs und sparen dem Einzelhändler dabei auch noch Geld. Kein Wunder also, dass Einzelhändler wie Aldi und Co verstärkt mit diesen Technologien experimentieren.

4. Datengestützte Entscheidungen werden zentral

Kundenkarten oder Bonusprogramme, die Vergünstigungen und verschiedene Boni versprechen, erfreuen sich in Deutschland großer Beliebtheit. So verzeichnet allein der Bonusprogramm-Anbieter Payback 31 Millionen aktive Nutzer in Deutschland. Insbesondere vor dem Hintergrund steigender Lebensmittelpreise steigt auch die Nachfrage nach preisgünstigen oder im Sonderangebot erhältlichen Lebensmitteln. Auch die Einzelhändler profitieren von diesen Programmen. Es ermöglicht ihnen, im großen Umfang Verbraucherinformationen zu sammeln, um zunehmend personalisierte Angebote und Werbung auszuspielen. Diese Daten werden von wachsendem Wert sein, da es ihnen erlaubt, eine klare Vorstellung davon zu bekommen, wer ihre Kunden sind, was sie wollen und wie man ihre Wünsche am besten erfüllt.

5. Nachhaltigkeit wird wesentlich

Mit dem zunehmenden Bewusstsein der Verbraucher für ihren ökologischen Fußabdruck hat sich ihr Wunsch, klimafreundliche Waren zu erwerben, von einer Nische zum Mainstream entwickelt. Von umweltfreundlichen Produkten aus erneuerbaren Ressourcen bis hin zu ethisch hergestellten Produkten werden sozial bewusste Verbraucher immer wählerischer bei der Auswahl der Marken. Das bestätigt auch eine Verbraucherumfrage des Marktforschungsinstituts Appinio, laut der zwei Drittel der Konsumenten in der DACH-Region ihren Einkauf klimafreundlich gestalten möchten.

Ob die Bereitschaft, mehr zu bezahlen, auch während der bevorstehenden Rezession bestehen bleibt, bleibt abzuwarten. Zumindest deuten Umfragen darauf hin, dass das Preisbewusstsein nachhaltigen Konsum hemmt. Wahrscheinlich ist jedoch, dass die Nachfrage bei Wohltätigkeitsläden und Online-Plattformen für den Second-Hand-Handel steigen wird, da die Menschen versuchen, Geld zu sparen und dabei trotzdem nachhaltig einzukaufen.

Ein hartes Jahr - aber das Glück begünstigt die Anpassungsfähigen

Die guten Nachrichten für den Einzelhandel im Jahr 2023 sind begrenzt. Es wird ein Jahr mit rezessivem Wirtschaftswachstum, hoher Inflation und geringeren Verbraucherausgaben sein. Während die Inflation in der zweiten Jahreshälfte zurückgehen dürfte, werden viele Unternehmen erhebliche Kostensenkungsmaßnahmen ergriffen haben, die die Arbeitslosigkeit erhöhen und die Löhne drücken werden.

Der Schlüssel für Einzelhändler liegt in der intelligenten Nutzung von Daten, in der Bereitstellung eines immer höheren persönlichen Nutzens und darin, den Verbrauchern ein nahtloses Erlebnis zu bieten, unabhängig davon, wie sie einkaufen. Einzelhändler sollten sich bemühen, ein personalisiertes, ansprechendes und zunehmend nachhaltiges Markenerlebnis über Omnichannel-Angebote zu schaffen. Kurzum, die Einzelhändler werden darum kämpfen müssen, rentabel zu bleiben und das wenige, was an Verbraucherausgaben übrigbleibt, auszuschöpfen. Das Glück wird diejenigen begünstigen, die sich an diese disruptiven Marktbedingungen anpassen und Wege finden, nicht nur zu überleben, sondern zu florieren.

Durchhaltevermögen und Zuversicht sind gefragt: bis Mitte 2024 dürfte die Zeit der hohen Inflation vorbei sein, das BIP sich erholt haben und die Marktbedingungen sich verbessern. Die anpassungswilligen Einzelhändler werden feststellen, dass sich ihre Investitionen in die Kundenbindung in diesen schwierigen Zeiten auszahlen werden.

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