Cookie-Einstellungen

Diese Webseite verwendet Cookies, um die Bedienfreundlichkeit zu erhöhen.

Informationen zum Datenschutz

16. November 2023

Die Wertschöpfungskette neu denken

WARUM TRANSFORMATIONSPROZESSE SO WICHTIG SIND – INTERVIEW MIT HENRIKE WALDBURG (GESCHÄFTSFÜHRERIN ASSET MANAGEMENT UNION INVESTMENT REAL ESTATE)
Henrike Waldburg
Foto: UIRE

Die Umnutzung von Bestandsimmobilien ist ein wertschöpfender Ansatz, von dem sowohl der Kapitalmarkt als auch die Nutzer profitieren. Mit der ganzheitlichen Betrachtung der Wertschöpfungskette stellt Union Investment Real Estate die Weichen in die richtige Richtung. Geschäftsführerin Henrike Waldburg, die seit Sommer verantwortlich für das Bestands- und Vermietungsmanagements für etwa 500 Fonds von UIRE – mit einem Immobilienvermögen von derzeit rund 47 Milliarden Euro – ist,  erläutert in einem Interview die Unternehmenspositionierung und warum es sich lohnt, in die Transformation zu investieren - aus finanzieller und sozialer Sicht.

Auf dem Immobilienmarkt vollzieht sich ein großer Paradigmenwechsel. Früher war der Neubau die Norm. Jetzt ist er die Ausnahme - Sanierung und Modernisierung stehen an erster Stelle. Sehen Sie das auch so?

Henrike Waldburg: Viele Jahre lang war der Kapitalmarkt der Motor des Immobilienmarktes. Aufgrund von Änderungen in der Inflations- und Zinspolitik erleben wir nun weltweit einen Rückgang der Transaktionen und neuen Bauprojekte. Darüber hinaus waren Immobilien schon immer Teil des wirtschaftlichen Ökosystems, und die finanzielle Lage ihrer Nutzer ist ein nützlicher Indikator für die Branche. Die Nutzer werden wiederum von Rezessionen und Inflation sowie von der Immobiliennachfrage, den Anforderungen und der Ausstattung der Immobilien beeinflusst.

Was waren die wichtigsten Veränderungen?

Henrike Waldburg: Die Berufswelt hat sich durch die Digitalisierung und die Coronavirus-Pandemie stark verändert. „New Work“ und „Arbeiten von zu Hause“ sind zu wichtigen Themen geworden. Dies macht mitunter nutzungsbedingte Raumanpassungen notwendig. Gleichzeitig sind die Nachhaltigkeitsanforderungen an Immobilien deutlich gestiegen - nicht nur auf Investorenebene, sondern auch für unsere Vermietungspartner und die eigentlichen Nutzer der Objekte. Jetzt können wir die Frage beantworten, wie wir diese miteinander verzahnen können: Nutzerfokus und Nutzerorientierung auf der einen Seite und Nachhaltigkeit auf der anderen. Wir vereinen diese Konzepte unter dem Begriff des Transformationsprozesses.

Das scheint eine Mammut-Aufgabe zu sein, nicht war?

Henrike Waldburg: Die Umnutzung von Bestandsimmobilien ist ein wertschöpfender Ansatz, von dem sowohl der Kapitalmarkt als auch die Nutzer profitieren. Mit der ganzheitlichen Betrachtung der Wertschöpfungskette stellt Union Investment die Weichen in die richtige Richtung.

Das Wort „Transformation“ ist in aller Munde, aber was genau bedeutet es?

Henrike Waldburg: Für die Transformation gibt es keine feste Definition. Das wird deutlich, wenn wir uns den Markt ansehen. Selbst die kleinsten Veränderungen werden als „Transformationen“ bezeichnet. Es ist jedoch nicht möglich, jede Neuvermietung als Transformation zu bezeichnen.

Eines ist ganz klar: Das Thema ist sehr breit gefächert. Wir führen zum Beispiel schon seit vielen Jahren immersive Transformationen durch.

Ist das die kleinste Form der Transformation?

Henrike Waldburg: Im Wesentlichen ja. Es geht darum, den Nutzungsmix schrittweise anzupassen und neue Nutzungsarten zu integrieren. Für den Einzelhandel heißt das, den Nutzungsmix kontinuierlich zu erweitern - etwa durch die Integration von öffentlichen Funktionen. Beispiele aus dem Bürobereich wären die Integration von gastronomischen oder Konferenzangeboten. Insgesamt zielt die immersive Transformation darauf ab, die Nutzung in einer Weise zu erweitern, die die primäre Nutzungsart synergetisch ergänzt und den Nutzern einen Mehrwert bietet. All diese Aufgaben fallen unter das kontinuierliche Asset Management einer Immobilie.

Sie haben auch von Transformationseigenschaften gesprochen. Wie definiert Union Investment, basierend auf der vorangegangenen Erklärung, diesen Begriff?

Henrike Waldburg: Union Investment hat zwei Studien zu Transformationsimmobilien veröffentlicht. Dabei haben wir eng mit der bulwiengesa AG zusammengearbeitet, um eine Definition zu entwickeln. So haben wir Transformation als eine umfassende funktionale und bauliche Umgestaltung definiert, die eine Immobilie für eine - oder meist mehrere - neue Nutzungsarten zugänglich macht. Fast alle Immobilientypen können zu Transformationseigenschaften werden.

Im Übrigen bestätigten fast zwei Drittel der Befragten, dass sie Umwandlungsobjekte für nachhaltiger halten als Abriss oder Neubau. Die Umwandlung ist auch wirtschaftlich rentabel. Eine höhere Energieeffizienz führt zu Kosteneinsparungen und geringeren CO2-Emissionen. Zwar müssen die möglichen Baukosteneinsparungen projektspezifisch bewertet werden. Auf direkte Nachfrage gaben jedoch etwa 60 % der Befragten an, dass durch die Umwandlung von Immobilien zahlreiche Probleme gelöst werden könnten, die sich aus den ständig steigenden Bau- und Energiekosten sowie aus den unterbrochenen Lieferketten ergeben.

Können Sie uns einige Beispiele für Transformationsimmobilien nennen?

Henrike Waldburg: Beispiele für Transformationsimmobilien finden sich im Einzelhandel, aber auch Krankenhäuser, Hotels oder ehemalige Bürogebäude können zu Transformationsimmobilien werden. Das Gemeinsame ist die Marktanpassung durch eine mehr oder weniger grundlegende Änderung der Nutzung - häufig durch die Erweiterung des Nutzungsspektrums und die Schaffung einer gemischt genutzten Immobilie.

Ein wesentlicher Bestandteil ist die Wahl einer umfassenden Sanierung - mit oder ohne Ausbau einer bestehenden Immobilie - anstelle von Abriss oder Neubau

Was ist das Ziel von Transformationsprozessen?

Henrike Walburg: Das Ziel aller Umwandlungsprozesse ist es, durch zukunftsfähige Nutzungskonzepte die Ertragssicherheit über den gesamten Lebenszyklus zu gewährleisten. Entscheidend ist, dass die Nutzung und Umwandlung einer Bestandsimmobilie definitiv zur Ressourcenoptimierung im Primärenergiesektor beiträgt. Darüber hinaus bieten Transformationsprozesse die Chance, durch energieeffiziente Modernisierungen, ökologische Verbesserungen, verbesserte architektonische und städtebauliche Qualität, neue Mobilitätskonzepte und die Möglichkeit der Mehrfachnutzung den Herausforderungen der Nachhaltigkeit auf breiter Basis zu begegnen. Wir verbringen 90 % unseres Lebens in Immobilien - wir müssen unsere Ansprüche wirklich erhöhen. Der Anzahl der Kriterien, die wir in den Katalog aufnehmen können, sind keine Grenzen gesetzt.

Wie wollen Sie Ihre Anleger zufrieden stellen?

Henrike Walburg: Als Treuhänder sind wir dafür verantwortlich, dass diese Veränderungsprozesse und Investitionen in Bestandsimmobilien für unsere Anleger rentabel sind. Dabei geht es immer um eine aktive Wertschöpfung, die wiederum die Freilegung von Potenzialen - vor allem bei unseren eigenen Beständen - mit sich bringt. Wenn wir einen Transformationsprozess richtig durchführen, profitieren alle Beteiligten gleichermaßen davon. Wir schaffen also Mehrwert in mehreren Dimensionen, zum einen in Bezug auf die Nachhaltigkeit, zum anderen aber auch in Bezug auf den Ertrag.

Auch Stadtentwicklungen profitieren von Transformationsprozessen. Einfach ausgedrückt: Wir müssen Investitionen und die Wertschöpfungskette neu überdenken.

Lange Zeit war man der Meinung, dass sich diese Ziele gegenseitig aufheben. 

Henrike Walburg: Weit gefehlt! Umnutzung oder Neugestaltung waren in der Vergangenheit nicht immer kostengünstiger als Abriss und Neubau. Die Vorteile der Nachhaltigkeit liegen auf der Hand, und die neue Gesetzgebung hat die wirtschaftliche Attraktivität im Vergleich zum Neubau deutlich erhöht.

Wir sind der Meinung, dass sich die aktuelle Debatte viel zu sehr auf die Kosten konzentriert, die durch Nachhaltigkeitsinitiativen entstehen. Stattdessen konzentrieren wir uns in erster Linie auf unsere Fähigkeit, Werte zu schaffen, und damit auf den zugrunde liegenden Business Case.

Was bedeutet das in der Praxis?

Henrike Waldburg: Wir prüfen ständig, wie wir Nachhaltigkeit und Ertragspotenzial miteinander verbinden können. Dies kann auf unterschiedliche Weise geschehen. Beispiele sind die Optimierung oder Erweiterung von Flächen. Es ist aber auch möglich, Einnahmen zu erzielen, indem man die Nebenkosten senkt und damit die Nettokaltmiete erhöht.

Wer sind die an einem Transformationsprozess beteiligten Akteure?

Henrike Waldburg: Klimaschutz ist ein Mannschaftssport. Das ist der einzige Weg zum Erfolg. Es gilt, eine gemeinsame Vision aller Beteiligten zu schaffen - von den Bestandshaltern und Investoren über die Projektentwickler und die gesamte Baubranche bis hin zu den Immobilien-, Center- und Facility-Managern. Die Zusammenarbeit mit dem öffentlichen Sektor ist von entscheidender Bedeutung, um die richtigen regulatorischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen zu gewährleisten. Ebenso wichtig ist die Einbeziehung von Nutzern und Mietern. Das Handeln dieser Parteien trägt wesentlich zu den tatsächlichen Bedingungen in den Immobilien und dem Energieverbrauch bei. Wir stehen in ständigem Austausch mit unseren Mietpartnern. Wir müssen jedoch in die einzelnen Gespräche einsteigen.

Worüber würden Sie gerne mit denen sprechen?

Henrike Walburg: Letztlich über den bewussten Verbrauch von Ressourcen. Das geht über den bloßen Verzicht auf den Verbrauch hinaus. Wir müssen Prioritäten setzen. Müssen wir zum Beispiel ein großes Bürogebäude wirklich rund um die Uhr belüften und kühlen? Wie kann man sicherstellen, dass diese Einrichtungen nur dann zur Verfügung stehen, wenn das Gebäude tatsächlich genutzt wird? Dieses Beispiel zeigt auch, wie wichtig die Digitalisierung ist.

ANZEIGE

Unsere Werbepartner

Impressum Datenschutz Cookie-Einstellungen Über uns

HANDELSIMMOBILIEN HEUTE (HIH) ist ein Nachrichten- und Serviceportal für die gesamte Handelsimmobilienbranche in Zusammenarbeit mit renommierten Verbänden und Instituten.