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04. Juli 2024

Aufstieg und Fall der einstigen Schuhmetropole Pirmasens

In den 1960er Jahren wurde jeder zweite deutsche Straßenschuh in Pirmasens hergestellt. Heute gibt es nur noch wenige Schuhfabriken. In HI HISTORY erzählen wir Ihnen die Geschichte des großen Wandels.

Dass aus Pirmasens eine Schuhstadt wurde, geht auf das 18. Jahrhundert zurück. Damals wurden landgräfliche Soldaten in Pirmasens stationiert. Der Landesherr erlaubte diesen, im Nebenerwerb Schuhe zu fertigen. Nach seinem Tod machten die zurückgelassenen Soldaten ihren Nebenerwerb zum Haupterwerb. Ihre Frauen verkauften die Schuhe auf Märkten unter anderen in Dänemark und der Schweiz. Die gute Qualität der Schuhe aus Pirmasens sprach sich schnell rum. An vielen Stellen in Pirmasens wird an die Schuhindustrie erinnert. Hier das Denkmal einer Schuhträgerin vor der Alten Post. Nach und nach siedelten sich daher mehr Schuhmacher und Zulieferbetriebe in der Stadt an. Pirmasens wurde zur Stadt der „Schlabbeflicker“. Im Zuge der Industrialisierung erkannten einige Unternehmen die Zeichen der Zeit und stellten frühzeitig um – von der Handarbeit auf eine industrielle Fertigung.

Höhepunkt der Schuhindustrie in den 1960er Jahren

Dies zog Arbeiter aus dem Umland an. Mit Bussen und Zügen pendelten sie täglich nach Pirmasens. Um den Nachwuchs vernünftig auszubilden, wurde 1927 die Deutsche Schuhfachschule in Pirmasens gegründet. In den 1960er Jahren hat es in der Stadt Pirmasens rund 350 Schuhfabriken und 350 Zulieferbetriebe gegeben.

Im Jahr 1969 erreichte die Stadt einen Rekord: Mehr als 32.000 Arbeiterinnen und Arbeiter waren in der Schuhindustrie tätig und stellte etwa 62 Millionen Paar Schuhe her. In dieser Zeit wurde die Hälfte aller Straßenschuhe in Deutschland in Pirmasens gefertigt. Bereits Anfang der 1970er Jahre gab es aber erste Umbrüche in der Schuhindustrie. Um Kosten zu sparen, schlossen immer mehr Unternehmen ihre Produktionsstätten in Pirmasens und zogen ins Ausland. Dort waren die Produktionsbedingungen billiger. Parallel dazu wurde auch der US-Militärstandort Pirmasens geschlossen.

Viele Arbeitsplätze gingen in Pirmasens verloren

Infolgedessen gingen 15.000 Arbeitsplätze verloren. Viele jungen Menschen verließen die Stadt, um an anderen Orten eine Arbeit zu finden. Zurück blieben ältere, ehemalige Arbeiter, die oft auf Unterstützung des Staates angewiesen waren. Die Arbeitslosenquote lag bei fast 20 Prozent.

Heute sind nur noch wenige Schuhunternehmen in Pirmasens geblieben. Die Stadt weist aber nicht ohne Stolz darauf hin, „dass es sich bei den Firmen um international erfolgreiche Unternehmen handelt, die stellenweise jährlich einen Umsatz in Höhe von 100 Millionen Euro erwirtschaften.“ Aber auch die Unternehmen haben es nicht leicht. Anfang Dezember hat beispielsweise das Traditionsunternehmen Peter Kaiser Insolvenz in Eigenverantwortung angemeldet. Es wurde 1838 in Pirmasens gegründet und ist damit die älteste Schuhfabrik Deutschlands. Am Standort Pirmasens arbeiten derzeit noch etwa 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Schuhstadt sucht Nachwuchs

Viele junge Pirmasenser seien heute von einer Tätigkeit in der Schuhindustrie abgeschreckt, sagt die Stadt. Aber gerade hier würden junge Menschen gesucht. Waren es früher vornehmlich Stepper und Zwicker, die in Fabriken anzutreffen waren, werden heute geschulte Fachleute wie Modelleure, Designer, Schuhtechniker und 3D Spezialisten benötigt, die basierend auf den klassischen Produktionstechniken an neuen Herstellungsverfahren arbeiten.

Schuhindustrie in Pirmasens setzt auf Innovationen

Derzeit arbeiten weniger als 3.000 Menschen in der schuh- oder lederverarbeitenden Industrie. Teilweise gehen die Firmen ganz neue Wege. So gibt es beispielsweise ein Unternehmen, dass bei der Schuherstellung auf besonders strenge ökologische Richtlinien achtet und nur zertifiziertes Naturleder verwendet. Ein anderes Startup-Unternehmen lässt in Pirmasens Sohlen für Sportschuhe produzieren. Das Besondere an den Schuhen: Der Träger kann die Sohlen je nach Bodenbeschaffenheit austauschen. Das Unternehmen verspricht sich davon, dass dem Träger ein Schuh ausreicht und er diesen zu mehreren Anlässen tragen kann.

Andere Unternehmen, die früher in der Schuhindustrie tätig gewesen sind, bringen ihr Wissen nun an anderer Stelle ein. Eine Firma stelle beispielsweise nun statt Schuhkleber Kunststoffprofile für Fenster her.

An der Hochschule wird der Studiengang Kunstoff-, Textil- und Ledertechnik gelernt. Das Internationale Schuhkompetenz-Center (ISC) ist ein Lehr- und Forschungszentrum für die Schuhindustrie, den Handel und Zulieferunternehmen. Das Prüf- und Forschungsinstitut Pirmasens wurde ursprünglich für die Schuhindustrie gegründet und hat seine Kompetenzen mittlerweile unter anderem auch auf Medizinprodukte und Schutzausrüstungen ausgeweitet. Etwa 100 Wissenschaftler arbeiten nach Angaben des Instituts hier. Die Stadt versteht sich nach wie vor als DIE Schuhstadt Deutschlands.

Trotz eines beispiellosen tiefgreifenden Strukturwandels ist der überwiegende Teil der deutschen Schuhherstellung bis auf den heutigen Tag in der Siebenhügelstadt und der Südwestpfalz beheimatet, erst recht die Entwicklung, das Know-how, das Design und der Handel. Schuhe, Leder und Kunststoffe sind fester Bestandteil der Pirmasenser DNA.

Schuhfabriken prägen nach wie vor das Stadtbild 

Zahlreiche ehemalige Schuhfabriken wurden mittlerweile umgestaltet. In einigen sind Wohnungen, Büros oder Arztpraxen entstanden. In einem Gebäude ist eine Galerie beheimatet. Die größte Schuhfabrik der Stadt war die Schuhfabrik Rheinberger. Rund 2.000 Menschen haben hier gearbeitet, bevor das Unternehmen 1999 pleite ging. In dem Gebäude findet sich heute unter anderem das Mitmachmuseum Dynamikum. Ein passendes Symbol dafür, dass Pirmasens nicht in der Vergangenheit stehen geblieben ist, sondern an seiner Zukunft arbeitet.

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