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28. August 2024

Der klassische Modeladen - ein Auslaufmodell?

NICHT ALLE FASHION-ANBIETER SIND VON DER KRISE BETROFFEN
Esprit hat angekündigt, alle deutschen Filialen zu schließen.
Foto: AdobeStock / monticellllo

Die bevorstehende Schließung aller Esprit-Filialen in Deutschland bis Ende des Jahres unterstreicht die ernsthafte Krise im Modeeinzelhandel. Sie zeigt jedoch, dass nicht alle Marken gleichermaßen betroffen sind. Was sind die Gründe für diese unterschiedlichen Auswirkungen?

Galeria Karstadt Kaufhof, Gerry Weber, Peek & Cloppenburg (P&C) und Esprit sind nur einige der Modeketten und Warenhäuser, die Schwierigkeiten haben und ihre stationären Geschäfte reduzieren müssen. Im Rahmen der Neuausrichtung nach der Insolvenz soll die Anzahl der Galeria-Filialen in Deutschland bis Anfang September von 92 auf 83 sinken - vor vier Jahren waren es noch 171. Esprit hat kürzlich angekündigt, bis Jahresende alle 56 Filialen in Deutschland zu schließen. Damit verschwindet der Modekonzern aus den Fußgängerzonen – und wird es noch weitere Marken treffen?

Verbraucher sparen bei Kleidung

Seit der Corona-Pandemie, die zu einem Rückgang der privaten Nachfrage und zeitweisen Geschäftsschließungen führte, steht die Modebranche vor erheblichen Herausforderungen. Der Konsum in Deutschland hat sich bisher nicht vollständig erholt, insbesondere aufgrund der hohen Preissteigerungen infolge des Ukraine-Kriegs. Das GfK-Barometer für Konsumklima liegt trotz der Fußball-EM bei minus 18,4 Punkten, verglichen mit plus zehn Punkten vor der Pandemie. Zwar hat sich die Inflation etwas beruhigt, doch viele Deutsche sind beim Einkauf zurückhaltend – vor allem bei Kleidung und Accessoires, wie eine Umfrage des Preisvergleichsportals Idealo zeigt (52 Prozent).

Einzelhandel unter Druck

Hansjürgen Heinick vom Institut für Handelsforschung (IFH KÖLN) erklärt, dass die Modebranche schon lange mit intensivem Wettbewerb und einem Überangebot kämpft. Insbesondere Ketten wie H&M und Zara, die vertikale Geschäftsmodelle nutzen, sowie der Online-Handel haben den klassischen Einzelhandel unter Druck gesetzt. Kunden erwarten zwar ein breites Sortiment, verlieren jedoch oft die Orientierung. „Es ist daher wichtig, dass Fashionhändler sich klar positionieren und stilistische Akzente setzen“, betont Heinick gegenüber tagesschau.de. Das Angebot sollte jedoch nicht zu klein sein. In Großstädten kann eine Nische bedient werden, während kleinere Orte dafür zu wenig Kunden bieten. „Wichtiger ist daher eine emotionale Ansprache, und die Werbung muss modernen Ansprüchen genügen“, so Heinick weiter.

Markenpositionierung als Schlüssel zum Erfolg

Zusätzlich zu den hohen Energie- und Personalkosten kämpfen Modeketten wie Esprit auch mit strategischen Fehlern. Das Unternehmen, das im deutschen Markt einen Schwerpunkt setzte, traf entscheidende Entscheidungen in der Konzernzentrale in Hongkong. Auch häufige Vorstandwechsel haben das Unternehmen belastet, erklärt Martin Fassnacht, Professor für Strategie und Marketing an der WHU in Düsseldorf. „Häufige Umbrüche führen zu Unklarheiten über die Richtung, sowohl intern als auch extern.“ Esprit, einst eine Kultmarke, hat diesen Status verloren. „Modeunternehmen müssen ihre Zielgruppen klar ansprechen und über Kommunikation und Social Media passende Assoziationen aufbauen“, so Fassnacht. Marken wie Abercrombie & Fitch und Boss haben sich erfolgreich neu positioniert, während Esprit diesen Schritt verpasst hat.

Zielgruppen klar ansprechen

Carsten Kortum, Studiengangsleiter Handel an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), sieht die Positionierung der Marke als Hauptproblem. „Mode muss auf spezifische Zielgruppen zugeschnitten sein.“ NewYorker etwa treffe optimal die Zielgruppe der 16- bis Mitte 20-Jährigen. Händler, die versuchen, alle Altersgruppen anzusprechen, haben es tendenziell schwerer. „Viele wissen nicht mehr, wofür Esprit steht.“ Auch das mittlere Preissegment sei schwierig, da es zwar über Markenkleidung, aber unter H&M oder Primark liege.

Verzahnung von Offline- und Online-Handel

„Die mittlere Preisklasse steht besonders unter Druck“, betont Heinick. Eine Marke müsse eine Anziehungskraft bieten, die den höheren Preis rechtfertige. „Hier geht es nicht um Luxusprodukte, die man stolz zeigen kann.“ Zudem gibt es im unteren Preissegment viele modische Anbieter zu wettbewerbsfähigen Preisen. Asiatische Anbieter wie Shein und Temu bieten modische Ware zu unschlagbaren Preisen an. Online-Marktplätze wie Zalando haben den Online-Handel weiter popularisiert. Obwohl das Wachstum nach der Corona-Krise stagniert und der Kostenvorteil durch Retouren abgenommen hat, bleibt der Online-Handel dominant. Im Bereich Fashion und Accessoires lag der Online-Anteil im vergangenen Jahr bei über 40 Prozent – mehr als in jeder anderen Branche. „Wir kaufen generell immer mehr online ein“, bestätigt Fassnacht. Um konkurrenzfähig zu bleiben, müsse der stationäre Einzelhandel ein ansprechendes Einkaufserlebnis bieten. Die Verzahnung von Filialen und Online-Handel sei entscheidend. Lokale Einzelhändler wie Breuninger, Engelhorn oder Lengermann & Trieschmann integrieren ihre Partner erfolgreich in den Online-Handel. Kortum betont ebenfalls, dass Konsumenten sowohl offline als auch online einkaufen, beraten werden und retournieren müssen.

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